Rechtsanwalt
H E R B E R T  S P O E L G E N

Thomas-Mann-Str. 45
53111 Bonn

Telefon 0228 / 63 44 71

Telefax 0228 / 69 51 58

Email: kanzlei@raspoelgen.de

Kleine Erbrechtskunde

Obwohl wir die Informationen sorgfältig geprüft haben, übernehmen wir keinerlei Gewähr für ihre Aktualität, Korrektheit, Vollständigkeit oder Qualität und schließen insofern jegliche Haftung aus (Einzelheiten).

 

I. Gesetzliche Erbfolge

Die gesetzliche Erbfolge tritt ein, wenn der Erblasser keinen Erben bestimmt hat oder seine Erbenbestimmung unwirksam ist bzw. aus unterschiedlichen Gründen nicht ausgeführt werden kann (z.B. Ausschlagung, Erbunwürdigkeit des Bedachten).

Im gesetzlichen Erbrecht werden die Verwandten in Ordnungen eingeteilt. Solange ein Verwandter einer vorhergehenden Ordnung vorhanden ist, sind gemäß § 1930 BGB die Verwandten nachfolgender Ordnungen von der Erbschaft ausgeschlossen.

Folgende Ordnungen werden unterschieden:
 

1.) Erben erster Ordnung
§ 1924 BGB

Die Abkömmlinge

› Jeder Abkömmling bildet einen eigenen Stamm

› Innerhalb des Stammes Repräsentations-Prinzip (lebender Abkömmling schließt seinen Abkömmling aus) und Eintrittsrecht
(an Stelle weggefallenen Abkömmlings tritt dessen Abkömmling)

2.) Erben zweiter Ordnung
§ 1925 BGB

Die Eltern und deren Abkömmlinge

› Zwei Linien, innerhalb der Linie nach unten Stämme

› Auch hier Repräsentations-Prinzip und Eintrittsrecht

3.) Erben dritter Ordnung
§ 1926 BGB

Die Großeltern und deren Abkömmlinge

Vier Linien, innerhalb der Linie nach unten Stämme

Auch hier Repräsentations-Prinzip und Eintrittsrecht

4.) Erben vierter Ordnung
§ 1928 BGB

Die Urgroßeltern und deren Abkömmlinge

Gradsystem (Grad bestimmt sich nach der Zahl der sie vermittelnden Geburten, ein Enkel des Urgroßvaters schließt z.B. einen Urenkel aus).

5.) Erben fünfter und fernerer Ordnungen
§ 1929 BGB

Die entfernteren Verwandten und deren Abkömmlinge

Gradsystem wie bei Erben vierter Ordnung

6.) Erbrecht des Fiskus
§ 1936 BGB

Der Fiskus erbt, wenn weder ein Verwandter noch ein Ehegatte des Erblassers vorhanden ist. Für Nachlassschulden haftet der Staat nur mit dem aktiven Nachlassvermögen.
 

7.) Erbrecht des Ehegatten
 

Neben Verwandten der 1. Ordnung: 1/4

Neben Verwandten der 2. Ordnung oder den Großeltern: 1/2

Neben Erben der 3. und weiteren Ordnungen, wenn keine Großeltern vorhanden sind: 1/1

Bei Zugewinngemeinschaft Erhöhung um pauschal 1/4 (§ 1371 BGB), Alternative bei hohem Zugewinn: Erbausschlagung (es kann dann der reale Zugewinn und der Pflichtteil verlangt werden)

Hier besteht Handlungsbedarf!

1. Beispiel:
A verstirbt kinderlos, ohne ein Testament gemacht zu haben. Er hinterlässt ein Hausgrundstück im Wert von 400.000 €. Es erben die Ehefrau E zu 3/4 und die beiden Kinder des verhassten Bruders B, zu dem seit Jahrzehnten kein Kontakt mehr bestand, zu je 1/8.
Dies hat zur Konsequenz, dass die E mit den beiden Kindern des Bruders eine Erbengemeinschaft bildet. Verkauf und Vermietung des Objektes können nur gemeinsam erfolgen. Auch können die Kinder des Bruders 1/4 des Mietwertes von der noch im Hause lebenden E als Nutzungsentschädigung verlangen. Die E muss mindestens 100.000 € aufbringen, um die missliebigen Miterben auszubezahlen. Kommt keine Einigung zustande, droht gar die Teilungsversteigerung des Objektes! => Handlungsbedarf!

2. Beispiel:
Erblasser A hinterlässt seiner Ehefrau E und den beiden Kindern ein Hausgrundstück im Wert von 400.000 € welches er in der Ehezeit durch harte Arbeit (und die tätige Mithilfe der E!) erwirtschaftet hat. Andere Werte, auch bei E, sind nicht vorhanden.
E hat nun zwei Möglichkeiten:
a) Sie kann neben den Kindern 1/4 Erbe + 1/4 pauschalen Zugewinn verlangen. Damit ständen ihr im Ergebnis 200.000 € zu.
b) Sie kann das Erbe ausschlagen und zunächst den Zugewinnausgleich verlangen. Der Zugewinn (in der Ehe erwirtschaftetes Hausgrundstück) beträgt 400.000 € wovon der E die Hälfte als Zugewinn, also 200.000 € zusteht. Daneben kann die E noch den kleinen Pflichtteil in Höhe von 1/8 des Nachlasses verlangen, sodass sie bei dieser Alternative mehr als die Hälfte des Nachlassbestandes erhalten würde.

8. Erbrecht des gleichgeschlechtlichen Lebenspartners

wie der Ehegatte (§ 10 LPartG), aber ohne Zugewinn (vgl. vorstehend zu 7.)

 
zu Teil 2 (Abänderung bzw. Ergänzung der gesetzlichen Erbfolgebestimmungen) zurück zur Übersicht