Rechtsanwalt
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Kleine Erbrechtskunde

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II. Möglichkeiten zur Abänderung bzw. Ergänzung der gesetzlichen Erbfolgebestimmungen

 
 

3. Testament

Inhalt des Testamentes:

  1. a) Es muss erkennbar werden, dass der oder die Erben den Nachlass in ihrer Gesamtheit erwerben sollen und nicht nur einzelne Vermögensgegenstände. Hier werden häufig nicht mehr reparierbare Fehler gemacht!
  2. Beispiel:
    Das Testament der E beinhaltet: "Ich setze die Kirche zu meiner Erbin ein. Der Nachlass umfasst meine Eigentumswohnung nebst sämtlichem Inventar". Die E hinterlässt eine Eigentumswohnung nebst Inventar im Wert von 100.000,00 € und daneben noch Bankguthaben im Wert von 250.000,00 €.
  3. Ergebnis:
    Da die E in ihrem Testament der Kirche nicht ihren gesamten Nachlass hat zukommen lassen, kann dies nicht als Erbeinsetzung sondern nur als Vermächtnis gesehen werden. Erben der E sind die ggf. noch zu ermittelnden gesetzlichen Erben. Der Kirche steht gegen diese nur ein Anspruch auf Eigentumsübertragung hinsichtlich der Eigentumswohnung und des Inventars zu.
  4. b) Es ist eine Erbenbenennung nötig. Eine namentliche Benennung ist nicht erforderlich, aber doch zumeist sinnvoll. Wer erbt z.B., wenn E in seinem Testament "Mutter" zur Alleinerbin erklärt, seine Mutter den Erbfall tatsächlich erlebt, E aber auch seine Ehefrau im täglichen Umgang stets "Mutter" gerufen hat?
    Auch vor Formulierungen wie "Erbe soll der sein, der mich bis zuletzt betreut und gepflegt hat", kann nur gewarnt werden, da häufig eine Auslegung des Testamentes mehrere Interpretationen zulässt.
  5. c) Es können mehrere Personen als Erben eingesetzt werden. Diese bilden dann eine Erbengemeinschaft. Wichtig ist, dass eine Quote ermittelt werden kann, aus der sich ergibt, in welchem Verhältnis die Erben erben sollen. Lässt der Erblasserwillen keine Quotenregelung erkennen, erben die Bedachten zu gleichen Teilen.
  6. Wichtig: Ohne Ermittlung der Erbquoten kann kein Erbschein erteilt werden! Lässt der Erblasserwillen eine Quotenregelung erkennen, können aber keine Quoten gebildet werden, weil z.B. die Werte von im Ausland belegenen Nachlassgegenständen nicht beurteilt werden können, kann sich die Erteilung eines Erbscheines über Jahre hinweg verzögern.
  7. d) Der Erblasser kann die Auseinandersetzung des Nachlasses oder einzelner Nachlassgegenstände ausschließen. Grundsätzlich ist die Erbengemeinschaft auf Auseinandersetzung gerichtet. Der teilbare Nachlass wird unter den Erben verteilt, der Rest ggf. versteigert.
  8. e) Der Erblasser kann Teilungsanordnungen treffen, in denen er einzelne Vermögensgegenstände bestimmten Erben zuweist. Entsprechen die Werte nicht der vom Erblasser gewollten Erbquote, hat ein Wertausgleich zu erfolgen.
  9. Beispiel:
    E setzt seine drei Kinder zu gleichen Teilen als Erben ein und bestimmt, dass A das Hausgrundstück (Wert 300.000,00 €), B das Bankguthaben (Wert 200.000,00 €) und C die Ferienwohnung (Wert 100.000,00 €) erhalten soll.
  10. Ergebnis:
    A hat an die Erbengemeinschaft einen Wertausgleich i.H.v. 100.000,00 € zu zahlen, der dann C zugute kommt.
  11. Hat E keine Erbquote festgelegt, dann kann das Testament dahingehend auszulegen sein, dass die Erben im Verhältnis der Werte der ihnen zugedachten Nachlassgegenstände erben sollen. A würde dann zu 1/2, B zu 1/3 und C zu 1/6 erben.
  12. f) Der Erblasser kann Vor- und Nacherbschaft anordnen. Damit kann der Erblasser erreichen, dass sein Nachlass nicht an Personen fällt, denen er nichts zukommen lassen will (z.B. der Familie der Ehefrau). Nach dem Tode des Erblassers kann der Vorerbe über den Nachlass frei verfügen, unterliegt aber bestimmten Verfügungsbeschränkungen. So kann über das Vorerbe z.B. nicht unentgeltlich verfügt werden. Auch Immobilien werden zu Gunsten des Nacherben geschützt. Stirbt der Vorerbe, kommt es zu einer Spaltung der Vermögenswerte. Das Vorerbe, soweit es noch vorhanden ist, steht nunmehr dem vom ursprünglichen Erblasser bestimmten Nacherben zu, das sonstige Vermögen des Vorerben, das er nicht vom ursprünglichen Erblasser erhalten hat, seinen gesetzlichen oder testamentarischen Erben.
  13. Der Erblasser kann auch eine befreite Vorerbschaft vorsehen. Der befreite Vorerbe ist nur hinsichtlich unentgeltlicher Verfügungen über den Nachlass beschränkt.
  14. Wird die Anordnung der Vor- und Nacherbschaft mit einer Testamentsvollstreckeranordnung kombiniert, kann der Erblasser wirkungsvoll bestimmen, dass sein Nachlass vor dem Zugriff möglicher Gläubiger des Vorerben geschützt wird, was z.B. bei Testamenten zu Gunsten von Behinderten und Pflegebedürftigen wichtig sein kann, um den Zugriff der Sozialbehörden auf das Erbe auszuschließen.
  15. g) Der Erblasser kann einen Ersatzerben vorsehen, falls der von ihm ursprünglich bedachte Erbe, aus welchem Grund auch immer, wegfällt (§ 2096 BGB).
  16. h) Der Erblasser kann für das Erbrecht eine Bedingung vorsehen. Das vom Erbe häufig verlangte Wohlverhalten darf die Grenzen der Sittenwidrigkeit allerdings nicht überschreiten.
  17. Beispiel:
    Zulässig wohl die Formulierung, dass Erbe u.a. der Schwiegersohn sein soll, solange er sich nicht von seiner Ehefrau trennt, dagegen sicherlich unzulässig die Bestimmung, dass der Schwiegersohn nur Erbe sein soll, wenn er sich innerhalb eines Jahres von seiner Frau mit den beiden Kindern scheiden lässt.
  18. i) Der Erblasser kann das Erbe oder Vermächtnis mit einer Auflage versehen. Probleme ergeben sich hier häufig im Zusammenhang mit der Frage, ob und ggf. wer überhaupt die Erfüllung der Auflage verlangen, überprüfen oder gar durchsetzen kann. Ist die Auflage für den Erblasser von größter Wichtigkeit, sollte Testamentsvollstreckung (vgl. unten zu l.) angeordnet werden.
  19. j) Der Erblasser kann ein Vermächtnis aussprechen. In diesem Fall erhält der Bedachte etwas aus dem Nachlass, ohne Erbe zu werden. Es besteht lediglich ein Anspruch des Vermächtnisnehmers gegen den Erben auf Erfüllung des Vermächtnisses.
    In der Praxis werden die Begriffe "Erbe" und "Vermächtnis" häufig unkorrekt verwandt, was zu Auslegungsproblemen führen kann.
  20. Beispiel:
    E "vermacht" seinem Freund F sein Ferienhaus, was praktisch seinen einzigen Vermögenswert darstellt. In diesem Fall liegt sicherlich eine Erbeinsetzung des F vor.
    Hat E hingegen bestimmt, dass F die Alben mit den Familienfotos "erben" soll, liegt keine Erbeinsetzung sondern nur ein Vermächtnis zugunsten von F vor.
  21. k) Der Erblasser kann auch ein Vorausvermächtnis vorsehen, wonach ein Erbe zusätzlich zu seinem Erbteil etwas erhält ohne dass es auf den Erbteil angerechnet wird.
  22. l) Der Erblasser kann die Testamentsvollstreckung anordnen. Er kann den Testamentsvollstrecker selber benennen, die Bestimmung einem Dritten oder dem Nachlassgericht überlassen.
  23. Formulierungsvorschlag:
    "Ich ordne Testamentsvollstreckung an. Testamentsvollstrecker soll sein Herr Rechtsanwalt Herbert Spoelgen aus Bonn, ersatzweise mein Bruder Theo oder eine vom Nachlassgericht zu bestimmende kompetente Person."

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